Schizophrenie
Was ist eine Schizophrenie, genauer: was sind Schizophrenien?
Quelle: Dr. med. Oliver Somburg, Chefarzt Diakonie Kliniken Zschadraß
Die Schizophrenie ist eine psychische Erkrankung, bei der das Wahrnehmen, das Fühlen, Denken und Handeln sowie das Erleben der eigenen Person stark verändert sind und auch in der Folge, vor allem unbehandelt, die soziale Desintegration drohen kann.
Für den Krankheitsverlauf der Schizophrenie typisch ist das Auftreten von akuten Psychosen, bei denen häufig Wahrnehmungsstörungen wie Halluzinationen und / oder Wahnvorstellungen auftreten, Verfolgungserleben oder Fremdbeeinflussungserleben, Denkstörungen und Ich-Störungen. Der Bezug zur Realität ist erheblich beeinträchtigt. Zwischen psychotischen Phasen sind so genannte Basisstörungen typisch, wie z.B. die
beeinträchtigte Lenkbarkeit der Denkvorgänge, Leibgefühlsstörungen, unspezifische Ängste, erhöhte Stör- und Irritierbarkeit, reduzierte
Belastbarkeit, Stimmungsschwankungen und Antriebseinbußen.
Wie verlaufen Psychosen, was können Angehörige tun?
Gibt es Frühwarnzeichen?
Akute Psychosen verlaufen zeitlich umschrieben und können bei frühzeitiger und konsequenter medikamentöser Behandlung rasch wieder rückläufig sein. Wie oft akute Psychosen auftreten, ist bei jedem Krankheitsverlauf individuell unterschiedlich, kann aber durch das Erkennen von- und das Reagieren auf Frühwarnzeichen verhindert oder im Verlauf günstig beeinflusst werden. Es kann sein, dass trotz medikamentöser Behandlung
Symptome erst allmählich rückläufig sind oder auch passager wieder auftreten können. Sowohl Betroffene als auch Angehörige benötigen unbedingt Aufklärung, Wissensvermittlung um Verständnis für die Erkrankung zu bekommen, um den Verlauf besser einschätzen zu können und was sie an Unterstützung leisten können und was nicht. Frühwarnsymptome sind u. a. Wahrnehmungsveränderungen, abnormes Beziehungs- und Bedeutungserleben, Ruhe- und Rastlosigkeit, Angespanntheit, zunehmende Schlaflosigkeit sowie Konzentrationsprobleme und Denkstörungen. Auch Halluzinationen wie Stimmenhören oder Verfolgungserleben im Gefühl des „als-ob“, d.h. der Betroffene erlebt diese, kann sich davon aber auch distanzieren, sind psychosenah.
Welche Typen der Schizophrenien gibt es?
Es gibt durch die Überlappung der charakteristischen Symptomatik bei den schizophrenen
Grunderkrankungen, dennoch verschiedene Typen der Schizophrenie, bei denen jeweils
charakteristische Symptome im Vordergrund stehen. Der häufigste Typ ist die
Paranoide Schizophrenie
Bei dieser Form der Schizophrenie sind meist Wahnvorstellungen und Halluzinationen, vor allem optische und / oder akustische Halluzinationen (als Stimmen-hören) vordergründig. Die Stimmen können auch einen auffordernden Charakter haben, etwas Bestimmtes zu tun. Auch kann das Gefühl bis hin zur unkorrigierbaren Überzeugung auftreten, von anderen beeinflusst oder beobachtet zu werden oder selbst hellseherische Fähigkeiten zu besitzen. Fremdbeeinflussungserleben kann auch derart auftreten, dass andere die eigenen Gedanken lesen können. In der akuten Psychose gelingt der Realitätsabgleich häufig nicht mehr vollumfänglich oder gar nicht.
Katatone Schizophrenie
Bei der katatonen Schizophrenie stehen vor allem extreme psychomotorische Störungen, im Vordergrund, wie erstarrte Körperhaltungen oder Bewegungsabläufe, häufig verbunden mit Halluzinationen und Wahnvorstellungen. Häufig sind die Erkrankten in diesen Bannungs- oder Erregungszustand stunden- bis tagelang eingeschlossen und werden zu einem medizinischen Notfall. Dieser Dominanztyp der schizophrenen Grunderkrankung ist selten und tritt eher im jungen Erwachsenenalter auf. Katatone Symptome können passager auch bei anderen schizophrenen Grunderkrankungen auftreten.
Hebephrene Schizophrenie
Die Hebephrene Schizophrenie zeigt sich vor allem in ungeordnetem und bizarr- gewichteten Denkinhalten mit einem Verfall von Sprachdifferenzierung. Bizarres Verhalten und erheblich situationsunangemessene Gemütsreaktionen (parathymer Affekt) sind charakteristisch, Antriebsstörungen häufig. Gegenseitig erfüllend zwischenmenschliche Beziehungen aufzubauen, fällt erheblich schwer. Vernachlässigen von Alltagsaktivitäten und Hobbies sowie sozialer Rückzug sind typisch. Diese Form der Schizophrenie beginnt meist im jungen Erwachsenenalter.
Coenästhetische Schizophrenie
Bei diesem Typus überwiegen häufig uneinfühlbare Leibgefühlsstörungen. Die Betroffenen verwenden zur Beschreibung ihres inneren und ganzheitlichen Körpererlebens oder auch des Schmerzerlebens auffallend außergewöhnliche Beschreibungen, stellen teilweise bizarre Zusammenhänge zwischen empfundenen Veränderungen von Körperorganen dar und leiden unter diesen Leibgefühlsstörungen, die sich bis zu Leibhalluzinationen steigern können. Nicht selten sind die abnormen Körpersensationen über viele Jahre wechselhaft vorhanden, auch ohne beweisende Anzeichen einer Psychose. Die Betroffenen haben häufig insbesondere in den Anfangsjahren der Erkrankung einen hohen Leidensdruck
quälen sich nicht nur aufgrund der Symptombildungen, sondern auch aufgrund der immer wieder unauffälligen ärztlichen Untersuchungen unterschiedlicher Fachrichtungen. Im weiteren Verlauf kommt häufig ein matter Affekt und eine stumpfe Resignation im Willen zum Tragen, das verschrobene und teilweise verstiegene Leiberleben bleibt erhalten.
Schizophrenia simplex
Für diesen Schizophrenietyp ist typisch, dass es im Krankheitsverlauf zu einem allmählichen und schleichend verlaufenden Potenzialverlust und zu einem häufig übersensiblen oder deutlich abgestumpften, verschrobenen und eigenweltlichen Persönlichkeitsgefüge kommt, teilweise treten passager psychotische Symptome auf, ohne dass zwingend das Vollbild einer akuten Psychose erreicht wird.
Schizophrenes Residuum
Nach häufig stattgehbaten akuten Psychosen und im Übergang zu chronisch verlaufendenschizophrenen Krankheitsphasen kommt es im Krankheitsverlauf zu einem Schizophrenen Residuum. Bei einem schizophrenen Residualzustand sind matte, passive und eigenweltliche Lebenshaltungen sowie ein Potenzialverlust typisch. Nicht selten besteht eine Rückzugsneigung, Wille und Antrieb sind reduziert ebenso wie auch die Stimmung vermindert schwingungsfähig ist. Mangelnde psychosoziale Kontakte, mangelnde Selbstfürsorge und eine reduzierte körperliche Belastbarkeit sind lebenseinschränkend.
Wie häufig kommen Schizophrenien in Deutschland vor und wer ist betroffen?
Weltweit ist etwa 1 Prozent der Bevölkerung von dieser Erkrankung betroffen. Bei Männern tritt die Erkrankung häufig früher auf (zwischen Pubertät und 25. Lebensjahr), während Frauen vorwiegend zwischen dem 25. – 35. Lebensjahr erkranken.
Der Krankheitsverlauf ist unterschiedlich. Bei etwa einem Viertel der Betroffenen ist die Prognose günstig – die schizophrene Krankheitsphasen sind nach ca. 10 – 15 Jahren nicht mehr nachweisbar. Die Hälfte der Erkrankten jedoch ist weiterhin und auch dauerhaft von Symptomen betroffen. Bei einem weiteren Viertel verschlimmert sich die Erkrankung im Laufe der Zeit und es kommt zunehmend zu einem Potenzialverlust.
Wie wird eine Schizophrenie behandelt?
Die Schizophrenie ist heute gut in ihren Kernsymptomen behandelbar und besteht meist aus einer individuell abgestimmten Therapie von Medikamenten, Psychoedukation und supportiver Psychotherapie und anderen, speziellen Therapien wie z. B. der Soziotherapie, Ergotherapie, medizinische und vor allem berufliche Rehabilitation. Bei Betroffenen können in der Akutphase, aber auch im Krankheitsverlauf Krankheitsgefühl,
Krankheitseinsicht und Behandlungsbereitschaft entweder teilweise in unterschiedlicherKombination vorhanden sein, aber auch ganz fehlen, weshalb es häufig für die Angehörigen sehr schwierig ist, sie zu einem Arztbesuch- oder Klinikaufenthalt zu bewegen. Trotz der Bemühungen von Angehörigen, Freunden und Bekannten gelingt es nicht immer, einen akut psychotisch erkrankten Menschen von seinem Kranksein und der Notwendigkeit einer Behandlung zu überzeugen. Angehörige müssen nicht selten hilflos zusehen, wie der Betroffene leidet und sich trotzdem jeder Hilfe verweigert bzw. sie müssen erlernen, auch Bindungs-Vertrauen im erkrankten Zustand zu geben, mit einem gesunden Maß Nähe und Distanz aufrechtzuerhalten. Ein schwer auszuhaltender Zustand, vor allem für Eltern, Partner und Kinder eines Erkrankten. Sie haben Angst, dass der Erkrankte sich selbst etwas in der Krankheitsphase antut oder anderen emotional und sozial großen Schaden zufügt.
Hilfreiche und weiterführende Links:
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